Neue Erkenntnis über Anti-Aging-Mechanismen beim Fadenwurm
Die mitochondriale
Autophagozytose wurde als Mediator in der Verlängerung der Lebensspanne bei
mitochondrialem Stress im Fadenwurm Caenorhabditis elegans identifiziert. Die
Arbeit stammt von einem Forscherteam um Dr. med. Dr. rer. nat. Natascia
Ventura, Leiterin der Liaison-Gruppe zwischen dem IUF - Leibniz-Institut für
umweltmedizinische Forschung und dem Institut für Klinische Chemie der
Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
Düsseldorf, 16.07.2015. Der Fadenwurm C. elegans kommt aus verschiedenen Gründen häufig in der
Alternsforschung zum Einsatz: Er ist ein multizellulärer Organismus mit einem
kurzen Lebenszyklus und einer durchschnittlichen Lebensdauer von 15-20 Tagen.
Sein Genom ist vollständig sequenziert und mehr als 60 Prozent seiner Gene haben
die gleiche Struktur und Funktion wie menschliche Gene. Der Wurm ist mit einer
Länge von 1 mm sehr klein, transparent und hat gut charakterisierte Phänotypen
(Erscheinungsbilder) und Verhaltensweisen. Erstaunlicherweise finden sich
einige mit dem Alter verbundene Merkmale, die im Menschen beobachtet werden,
auch in C. elegans wieder: Mit dem
Alter bilden sich Gewebe zurück, physiologische Funktionen und Stressresistenz
lassen nach und die Sterbewahrscheinlichkeit nimmt zu. Diese evolutionär
konservierten Eigenschaften können in C.
elegans unter dem Mikroskop untersucht werden, um die Effekte von
genetischen Einflüssen und Umwelteinflüssen auf den Alterungsprozess zu
erforschen und wichtige Erkenntnisse für die menschliche Gesundheit zu
erlangen.
Mitochondrien sind allgemein als „Kraftwerksorganellen der
Zelle“ bekannt. Sie erfüllen zentrale Funktionen und sind dadurch wichtig für
das Gleichgewicht von Zellen und Geweben (Homöostase). In den letzten 10 Jahren
wurde beobachtet, dass die moderate Verringerung verschiedener Mitochondrien
regulierender Proteine in unterschiedlichen Organismen von der Hefe bis zum
Menschen in Verbindung mit einem Anti-Aging-Effekt steht. Diese Erkenntnis war
überraschend, denn diese Proteine sind lebensnotwendig und ein schwerer Mangel
kann zu Krankheiten beim Menschen führen. Frataxin ist eines dieser Proteine.
Ein schwerer vererbter Mangel an Frataxin führt beim Menschen zu der seltenen
und lebensbedrohlichen neurodegenerativen Krankheit „Friedreich-Ataxie“. Das
Fehlen des analogen Proteins führt in C.
elegans zu einem Entwicklungsstopp, wohingegen die moderate Verminderung
die Lebensspanne des Tieres verlängert. Die zugrundeliegenden Mechanismen für
diesen Anti-Aging-Effekt liegen bisher überwiegend im Dunkeln.
Kürzlich wurden dazu neue Erkenntnisse in der weltweit
anerkannten Fachzeitschrift „Current Biology” veröffentlicht. Sie gehen auf ein
Team um Frau Dr. Dr. Ventura, Leiterin der Liaison-Gruppe zwischen dem IUF -
Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung und dem Institut für
Klinische Chemie der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität
Düsseldorf, in enger Zusammenarbeit mit anderen Experten dieses Feldes zurück.
Sie konnten erstmals zeigen, dass Mitophagie, der spezifische Abbau von nicht
funktionalen Mitochondrien über Autophagozytose (ein wichtiger zellulärer
Recyclingprozess) ursächlich an der Verlängerung der Lebensspanne von C. elegans bei mitochondrialem Stress
beteiligt ist. „Je mehr wir über die molekularen Mechanismen wissen, die bei
mitochondrialem Stress in der Zelle aktiviert werden, um die mitochondriale
Dysfunktion – eine häufige Ursache des Alterns und unterschiedlicher schwerer
Erkrankungen – zu bewältigen, desto besser kann man hier für die Entwicklung
neuer Therapiestrategien für die Behandlung von mitochondrien-assoziierten
Erkrankungen (z. B. Friedreich’s Ataxie und Parkinson) und alters-assoziierten
Erkrankungen (z. B. Alzheimer, Krebs und kardiovaskuläre Erkrankungen)
ansetzen. Somit können wir letztendlich Hoffnung auf eine Verlängerung des
gesunden Alterns liefern”, erklärt Frau Dr. Dr. Ventura. Die Autoren konnten
weiterhin zeigen, dass der Mechanismus, mit dem Zellen auf die moderate
Verminderung von Frataxin reagieren, dem bei Eisenmangel ähnelt. Eine
Reduzierung des Eisenspiegels könnte daher vielleicht eine Möglichkeit
darstellen, mitochondriale Störungen zu behandeln und letztlich gesundes Altern
zu fördern.
Quelle
Alfonso Schiavi, Silvia Maglioni,
Konstantinos Palikaras, Anjumara Shaik, Flavie Strapazzon, Vanessa Brinkmann,
Alessandro Torgovnick, Natascha Castelein, Sasha De Henau, Bart P. Braeckman,
Francesco Cecconi, Nektarios Tavernarakis und Natascia Ventura:
Iron-Starvation-Induced Mitophagy Mediates Lifespan Extension upon
Mitochondrial Stress in C. elegans. Current Biology, online publiziert am 02.
Juli 2015.
Über
das IUF
Das IUF - Leibniz-Institut für
umweltmedizinische Forschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gGmbH
- untersucht, durch welche molekularen Mechanismen Partikel, Strahlung und
ausgewählte Umweltchemikalien die menschliche Gesundheit schädigen. Die vier
Hauptarbeitsrichtungen sind umweltinduzierte kardiopulmonale Alterung,
Hautalterung, Störungen des Nerven- und Immunsystems. Durch die Entwicklung
neuartiger Modellsysteme arbeitet das IUF daran, die Risikoabschätzung zu
verbessern und neue Strategien zur Prävention / Therapie umweltinduzierter
Gesundheitsschädigungen zu entwickeln.
Das Team von Frau Dr. Dr. Ventura trägt mit
seinem Forschungsschwerpunkt, adaptive Mitochondrienreaktionen auf
Umwelteinflüsse bei Alterung und Krankheiten mit einem besonderen Fokus auf
Prävention, zur Forschungsmission des IUF bei.
Weitere Informationen erhalten Sie unter: www.iuf-duesseldorf.de.
Das IUF gehört der Leibniz-Gemeinschaft an:
www.leibniz-gemeinschaft.de.
Kontakt
Frau Dr. Dr. Natascia Ventura
Labor: +49 (0)211 3389 237
Büro: +49 (0)211 3389 203
E-Mail: Natascia.Ventura(at)uni-duesseldorf.de
Webseite: www.iuf-duesseldorf.de/ag-ventura.html