Softdrinks und Burger im Büro, wie Fette, Zucker und Druckertoner uns schaden – erste Aufklärung der zugrunde liegenden molekularen Mechanismen
Die Ergebnisse epidemiologischer Studien weisen
auf einen Zusammenhang zwischen dem westlichen Lebensstil, dem Leben in
verkehrsreichen Städten und dem Auftreten von Herz-Kreislauferkrankungen hin;
die zugrunde liegenden zellulären Mechanismen sind jedoch weitgehend ungeklärt.
Wissenschaftler um Dr. Judith Haendeler und Dr. Klaus Unfried vom Leibniz-Institut
für umweltmedizinische Forschung (IUF) in Düsseldorf konnten nun erstmals
nachweisen, dass Umweltfaktoren aus der Nahrung und der Außenluft das Risiko
für Herz-Kreislauferkrankungen erhöhen: Fruktose und „ungesundes“ Cholesterin LDL,
die in vielen industriell gefertigten Nahrungsmitteln enthalten sind,
und Kohlenstoffpartikel, die Bestandteil der Atemluft sind. Die
Ergebnisse dieser Untersuchungen werden in Kürze in der renommierten
wissenschaftlichen Zeitschrift „Experimental Gerontology“ veröffentlicht.
Um die Ernährungsgewohnheiten in westlichen
Ländern nachzuahmen, wurde die Wirkung einer Kombination aus Fruchtzucker und LDL-Cholesterin
auf menschliche Herzmuskel- und Gefäßwandzellen untersucht. Die Wissenschaftler
beobachteten eine drastische Vergrößerung der Herzmuskelzellen, was
einer krankhaften Herzvergrößerung entspricht. Zudem wurde eine erhöhte Anzahl
von Gefäßmuskelzellen und eine Beeinträchtigung der Funktion von
Endothelzellen, der innersten zellulären Auskleidung der Blutgefäße, beobachtet
– beides Parameter, die bei
einem Gefäßverschluss, welcher einen Herzinfarkt bedingt, auftreten.
Kohlenstoffpartikel stellen den Hauptbestandteil der
Luftverschmutzung aus Industrie und Autoabgasen
dar. Ähnliche Partikel werden auch zur Herstellung von Druckertonern verwendet.
Partikel-Konzentrationen, wie wir sie täglich, nicht nur in hochbelasteten
Gebieten, einatmen, führen nicht zu akuten Entzündungsreaktionen, sondern zu
einem subtilen Funktionsverlust sowohl in Lungenzellen, als auch in Gefäßzellen.
Beide Zelltypen zeigten Veränderungen, wie sie auch beim Altern, d.h. in
einer Situation, in der Lunge und Herz-Kreislaufsystem nicht mehr optimal
funktionieren, auftreten. Zur Verringerung der Luftbelastung mit
Feinstaubpartikeln wurden EU-weite Massnahmen
ergriffen, die z.B. durch die Einführung von Umweltzonen umgesetzt wurden. Eine
vollständige Eliminierung von Kohlenstoffpartikeln aus der Luft ist jedoch
unmöglich, da diese bei nahezu allen Verbrennungsprozessen entstehen.
Fruchtzucker kommt natürlicherweise in Früchten
vor und wird im Gegensatz zum Traubenzucker vom Körper unabhängig vom Hormon Insulin
verstoffwechselt, sodass sich selbst ein gesunder Mensch nicht auf erhöhte
Mengen dieses Zuckers einstellen kann. Die durch den Verzehr von Früchten üblicherweise
aufgenommenen Mengen sind ungefährlich. Allerdings kommt ein bedeutsamer Anteil der Zuckeraufnahme aus industriell gefertigten
Nahrungsmitteln, wie z.B. handelsüblichen Softdrinks, die mit Fruchtzucker
angereicherten Sirup aus Maisstärke (high-fructose
corn syrup) enthalten. Dieser „versteckte" Fruchtzucker trägt somit
entscheidend zu der gesamten Zuckermenge bei, die wir täglich zu uns nehmen.
Die American Heart Association hat schon im Jahr 2009 darauf hingewiesen, dass
die Aufnahme an zusätzlichem Zucker reduziert werden sollte, und empfahl
bereits damals, dass Frauen täglich nicht mehr als 100 kcal und Männer nicht
mehr als 150 kcal über diese Zucker aufnehmen sollten, was nicht mehr als einem
Glas eines üblichen Softdrinks entspricht.
Die jetzt am IUF erhobenen
Befunde zeigen erstmals dass in modernen Industriegesellschaften übliche Nahrungsmittel
und Luftverschmutzung durch Prozesse der Zellalterung zur Entstehung von Erkrankungen
beitragen können. Sie weisen eindeutig darauf
hin, dass weitverbreitete Ernährungsgewohnheiten nicht nur zu Übergewicht und
den damit verbundenen Problemen führen, sondern auch die Zellen des Herz-Kreislaufsystems
direkt nachteilig beeinflussen. Zudem zeigt sich ebenfalls für Bestandteile der
Luft, dass wir im täglichen Leben, Belastungen ausgesetzt sind, welche die
Funktion von Herz und Lunge langfristig beeinträchtigen.
Weitere Informationen:
PD Dr. Judith Haendeler, Tel.: 0211-3389291
PD Dr. Klaus Unfried, Tel.: 0211-3389362
Büchner N, Ale-Agha N, Jakob S, Sydlik U, Kunze K, Unfried K, Altschmied J, Haendeler J:
Unhealthy diet and ultrafine carbon black particles induce senescence and
disease associated phenotypic changes. Experimental
Gerontology 2012, published online 6 April 2012.