AG Esser: Rolle des AhR in der Immuntoxikologie

Arbeitsgruppenleiterin:
Prof. Dr. rer. nat. Charlotte Esser CV
Postdocs:
Dr. rer. nat. Nadine Teichweyde
Masterstudenten:
Manuel
Schellner
Jan Kuska
Technische Assistenz:
Babette Martiensen
Swantje Steinwachs
Wissenschaftliche Mitarbeiter:
Sophie Henneberg
Forschungsprofil
Die Arbeitsgruppe Esser beschäftigt sich seit langem mit der Rolle des Arylhydrocarbon-Rezeptors (AhR) in der Immuntoxikologie und untersucht dessen Rolle in der Differenzierung, Funktion und Mobilität lymphatischer Zellen in den Barriereorganen Haut und Darm. Der AhR ist ein Transkriptionsfaktor, der chemische Signale der Umwelt in die Zellen vermittelt, die sich entsprechend anpassen können. Beispielsweise regulieren Zellen als Antwort auf AhR-Aktivierung Enzyme auf, die Chemikalien abbauen können. Der AhR-Signalweg wird darüber hinaus in der normalen Differenzierung von Zellen, darunter auch Immunzellen, verwendet. Die AG Esser konnte im Mausmodell erstmals zeigen, dass der AhR notwendig für die Reifung und Immunfunktionen hauttypischer Immunzellen (Langerhanszellen, γδ-T-Zellen) ist und im Darm bei Exposition mit dem toxischen AhR-Liganden 2,3,7,8-Tetrachlorodibenzo-p-dioxin die orale Toleranz beeinflusst, die vor unerwünschten Immunreaktionen auf harmlose Nahrungsproteine schützt. Aufbauend auf diesen Arbeiten sind derzeit (i) die Rolle des AhR für die Hautbarriere und invariante γδ-T-Zellen in der Haut und (ii) Immunstimulation und Immunsuppression via den AhR Schwerpunkte der AG, die sich teils überlappen und ergänzen. Zur Aktivierung des AhR werden u.a. UV-Strahlung und Nahrungsmittelinhaltsstoffe wie das Indol-3-Carbinol verwendet. Im Übrigen werden in der AG generierte, spezifische AhR-defiziente Mausmodelle insbesondere auch in Kooperation mit den AG’s Haarmann-Stemmann und Krutmann untersucht, um die immunologischen Funktionen und das präventivmedizinische/therapeutische Potential des AhR experimentell zu untersuchen.
Projekte
1.
Rolle des AHR für Veränderungen des Darmmikrobioms
Unerwünschte Wirkungen auf das Immunsystem und
den Stoffwechsel sind Kennzeichen der schädlichen Wirkungen von Dioxinen und
anderen sogenannten persistierenden organischen Umweltschadstoffen (POPs).
Diese Schadstoffe sind nach wie vor in der Umwelt vorhanden. Die Wirkungen von
Dioxin auf den Darm und das Darmimmunsystem selbst sind wenig untersucht,
obwohl die orale Aufnahme den Hauptweg darstellt und die jüngere Forschung
gezeigt hat, dass der AHR für ein funktionierendes Darmimmunsystem und die
Balance von kommensalen zu pathogenen Darmbakterien notwendig ist. Aktivierung
des AHR, z.B. durch bestimmte sekundäre Pflanzenstoffe, oder Produkte von
Darmbakterien verhindern entzündliche Prozesse. Fehlen des AHR oder ein Mangel
an AHR-Liganden in der Nahrung kann zu einer erhöhten Empfindlichkeit für
bestimmte Infektionen führen. Nahrungsmittelinhaltsstoffe können den
AHR-Signalweg günstig beeinflussen. Es ist jedoch fast völlig unbekannt, wie
Dioxine und andere persistierende organische AHR-Liganden das Darmmikrobiom
schädigen und damit negative Veränderungen des Immunsystems oder Stoffwechsels
bewirken könnten. Unsere Forschung zielt darauf ab, zu untersuchen, ob und wie
stark Dioxin das Darmmikrobiom verändert und wie sich dies, auch im Kontext
einer fetthaltigen, sogenannten „westlichen Diät“ auswirkt. Wir etablieren zudem
ein neuartiges durchflußzytometrisches Meßverfahren zum einfachen Screenen der
Zusammensetzung der Darmbakterienkommunität, das wir für diese und andere
Fragestellungen, wie zum Beispiel entsprechende Veränderungen durch Mikroplastik
oder durch das Schwermetall Cadmium nutzen werden können. (Projekt wird
gefördert durch DFG ES103/9-1)
2. Barrierefunktion der Haut
und angeborene Immunzellen in der Haut
Die Haut und besonders die Epidermis stehen als äußerste Barriere im ständigen
Wechselspiel mit der Außenwelt und sind aktiv in die Immunantwort eingebunden.
Störungen der Barrierefunktion der Haut können ernste gesundheitliche Folgen
haben. Die Haut ist immer von vielen Mikroorganismen besiedelt und es gibt
zunehmend Hinweise für deren – positive – gesundheitliche Bedeutung. So sind
Schuppenflechte oder atopische Dermatitis Krankheiten, die mit Störungen der
Hautbarriere und einer geänderten Zusammensetzung der hautbesiedelnden
Bakterien einhergehen. Forschung des IUF hat gezeigt, dass der AHR in allen
Zellarten der Haut stark ausgeprägt wird. Das Fehlen des AHR führt in Mäusen zu
funktionellen Veränderungen und Fehlen verschiedener Immunzellarten der Haut. Wir
konnten zeigen, dass ein Fehlen des AHR auch für die Hautbarriere und die
antibakterielle Kontrolle durch Immunzellen der Haut relevant sein kann und
dass umgekehrt auch die Aufnahme von AHR-Liganden aus der Nahrung für die
Hautbarriere wichtig sind. In Zukunft wollen wir hier weiter ansetzen und
analysieren, wie und ob Darmmikrobiom und eine gute Hautbarriere
zusammenhängen. Das Projekt ist darüber hinaus eng mit unserem Projekt
verknüpft, in dem wir uns mit den epidermalen γδ-T-Zellen beschäftigen, die für
eine stabile Hautbarriere und Immunabwehr relevant sind.
3. Epidermale γδ-T-Zellen
Die Haut enthält nicht nur die bekannten „normalen“ T-Zellen mit
unterschiedlichster Antigenspezifität, wie sie im gesamten Körper zu finden
sind, sondern zusätzlich eine bestimmte Subpopulation von T-Zellen, die einen
etwas anderen Rezeptor ausprägen, den sogenannten gamma-delta (γδ)-Rezeptor.
γδ-T-Zellen sind für die Aufrechterhaltung der Gesundheit der Haut, für
Wundheilung und gegen Tumorentstehung in der Haut sehr wichtig, und
kontrollieren insbesondere durch die Ausschüttung der Zytokine IL17 und IL22
bakterielle Infektionen der Haut. Wir fanden, dass in AHR-defizienten Mäusen
diese γδ-T-Zellen fast vollständig fehlen, weil sie sich ohne AHR in der Haut
nicht halten können. Darüber hinaus konnten wir in Genexpressionsprofilen
demonstrieren, dass die Ausprägung des AHR in diesen Zellen nötig ist, um sie
vor überschießender entzündlicher Aktivität zu bewahren, der AHR also als eine
Art Entzündungs-Bremse funktioniert. Hiermit haben wir ein neues Prinzip für
die Funktion des AHR in diesen Zellen entdeckt. Weiterhin sind wir daran
interessiert zu verstehen, warum γδ-T-Zellen in Abwesenheit des AHR weniger
Dendriten ausbilden. In zukünftigen Arbeiten werden wir uns auch näher mit dem
Energiemetabolismus dieser Zellen beschäftigen, da Aktivierung und Funktion eng
mit Veränderungen des Energiehaushaltes gekoppelt sind und es wichtig ist zu
verstehen, inwiefern umweltinduzierte Fehlfunktionen hier zu Funktionsstörungen
führen können. Bisher fanden wir, dass Butyrat – eine sogenannte kurzkettige
Fettsäure und bekannt als wichtige Energiequelle für regulatorische T-Zellen –
in einer epidermalen γδ-T-Zellline dämpfend wirkt, insofern es die Ausschüttung
bestimmter entzündlicher Zytokine vermindert. Letztlich wollen wir auch
untersuchen, ob die Situation in humaner Haut ähnlich ist, und planen hierfür
entsprechende 3-D Hautmodelle zu etablieren.
Service
Die AG Esser betreut die zentrale FACS- und Cell Sorting-Unit des IUF (Leitung: Prof. Dr. C. Esser).
Kooperationen
IUF-intern:
AG Haarmann-Stemmann
AG Krutmann
AG Schins
AG Ventura
AG Weighardt
Team Boukamp
National:
Prof. Irmgard Förster, Universität Bonn,
Prof. Karin Loser, Klinik für Hautkrankheiten, Münster
Prof. Stefan Janssen, Universität Giessen
Prof. Katja Ickstadt, TU Dortmund
Prof. Hyung-Dong Chan, DFRZ Berlin
International:
Prof. Christoph Vogel, UC Davis, USA
Prof. Myung-Shin Jeon, INCHEON University, Süd-Korea
Prof. Raymond Pieters, Universität Utrecht, Niederlande
Ausgewählte Publikationen
Merches K, Schiavi A, Weighardt H, Steinwachs S, Teichweyde N,
Förster
I, Hochrath K, Schumak B, Ventura N, Petzsch P, Köhrer K, Esser C: AHR
signaling dampens inflammatory signature in neonatal skin γδ T cells.
Int J Mol Sci 21(6): 2249, 2020. doi: 10.3390/ijms21062249
Esser
C, Hochrath K, Teichweyde N, Krutmann J, Chang H-D: Beyond sequencing:
fast and easy microbiome profiling by flow cytometry. Arch Toxicol
93(9): 2703-2704, 2019. doi: 10.1007/s00204-019-02527-1
Hammerschmidt-Kamper C, Biljes D, Merches K, Steiner I, Daldrup T, Bol-Schoenmakers M, Pieters RHH, Esser C: Indole-3-carbinol,
a plant nutrient and AhR-Ligand precursor, supports oral tolerance
against OVA and improves peanut allergy symptoms in mice. Plos One 12(6): e0180321, 2017. doi: 10.1371/journal.pone.0180321
Haas
K, Weighardt H, Deenen R, Köhrer K, Clausen B, Zahner S, Boukamp P, Bloch W,
Krutmann J, Esser C: Aryl hydrocarbon receptor in
keratinocytes is essential for murine skin barrier integrity. J Invest Dermatol 136(11): 2260-2269, 2016. doi: 10.1016/j.jid.2016.06.627
Esser
C, Rannug A: The aryl hydrocarbon receptor in barrier organ physiology,
immunology, and toxicology. Pharmacol Rev 67(2): 259-279, 2015.
(Review) doi: 10.1124/pr.114.009001
Kiss EA, Vonarbourg C, Kopfmann S, Hobeika E,
Finke D, Esser C, Diefenbach A: Natural aryl hydrocarbon receptor
ligands control organogenesis of intestinal lymphoid follicles. Science
334(6062): 1561-1565, 2011. doi: 10.1126/science.1214914
Jux B,
Kadow S, Esser C: Langerhans cell maturation and contact
hypersensitivity are impaired in aryl hydrocarbon receptor-null mice. J
Immunol 182(11): 6709-6717, 2009. doi: